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PM 24.01.2025/04.06.2025: Urteil im Verfahren 15 KLs 331 Js 57240/24 („Prozess gegen mutmaßliche Islamisten“) - jetzt rechtskräftig

Datum: 04.06.2025

Kurzbeschreibung: 6 Jahre sowie Jugendstrafe von 2 Jahren und 10 Monaten für "mutmaßliche Islamisten"

Pressemitteilung 01/2025 vom 24.01.2025:

In der Strafsache gegen Y. u.a. – 15 KLs 331 Js 57240/24 („Prozess gegen mutmaßliche Islamisten“) – konnte soeben ein Urteil verkündet werden.


Die 15. Große Jugendkammer hat den Angeklagten Y. wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat in Tatmehrheit mit Verabredung zum Mord schuldig gesprochen und ihn zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.

Der zur Tatzeit 18-jährige Angeklagte Ö. wurde wegen Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat in Tatmehrheit mit Verabredung zum Mord schuldig gesprochen und als Heranwachsender zu einer (Einheits-) Jugendstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt.

Der Angeklagte H. wurde freigesprochen.

 

Nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung sah die Kammer die gegen die Angeklagten Y. und Ö. gerichteten Tatvorwürfe als erwiesen an.

Die Angeklagten Y. und Ö. hatten eingeräumt, sich in gemeinsam geführten Chats am 30.April/01. Mai 2024 vereinbart zu haben, zusammen einen Anschlag auf eine Synagoge in Heidelberg oder Frankfurt/Main zu verüben, bei dem mindestens eine Person getötet werden sollte und sie anschließend durch Provokation von Polizeibeamten den Märtyrertod sterben wollten.

Diese Abreden und Planungen waren nach Auffassung der Kammer und dem Ergebnis der Beweisaufnahme bereits so hinreichend konkret, dass sie den Straftatbestand der Verbrechensverabredung i.S.v. § 30 Abs. 2 StGB, hier insbesondere als Verabredung zum Mord aus Heimtücke und niedrigen Beweggründen erfüllten.

Sowohl die Tatwaffe, ein Dolch, war bereits bestellt und am Tag der Durchsuchung der Wohnräumlichkeiten des Angeklagten Y. am 03. Mai 2024 planmäßig angeliefert worden als auch die Reisemöglichkeiten erhoben und ein Reiseticket gekauft. Ebenso waren bereits Abstimmungen zur Erstellung und Verbreitung eines Bekennervideos als integraler Bestandteil des Tatplans getroffen worden, das hierzu arbeitsteilige Vorgehen war konkret besprochen und auch weitere dritte Personen schon einbezogen, selbst wenn das Video noch nicht erstellt war. Weiter war das Ziel des Anschlags nach konkreten Kriterien (zentral: jüdischer Glauben/Zionisten mit weiteren Ausscheidungskriterien) gezielt ausfindig gemacht und in die nähere Auswahl gezogen. Der Angeklagte Y. war entschlossen, entsprechend dem gemeinsam gefassten Tatplan mit Eintreffen der Waffe die Pläne umzusetzen. Hierüber war auch der Angeklagte Ö. im Bilde und hatte in Kenntnis der Vereinbarung zur gemeinsamen Tatbegehung dem Angeklagten Y. weitere, die Tatplanung verfestigende Informationen zukommen lassen.

Beide Angeklagte waren hiernach vom festen Entschluss getragen, (möglichst viele) willkürlich ausgewählte Personen in der Öffentlichkeit zu töten und hiernach den Märtyrertod zu sterben. Dies sei nach der Einschätzung der Kammer Ergebnis des Radikalisierungsprozesses der Angeklagten Y. und Ö. gewesen, der nach Niederschlägen und dem Scheitern im realen Leben der jungen Angeklagten aufgrund der dann in virtueller Welt gefundenen Anerkennung und erlebten Selbstwirksamkeit in den Jahren 2023 und 2024 stattfand.

Weiter hat sich der Vorwurf der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat bzw. der Beihilfe hierzu bestätigt.

Der Angeklagte Y. hatte die Anfang April 2024 stattgefundene Ausreise in die Türkei mit dem Ziel, sich durch Mitglieder der islamistischen Partisanengruppe „HTS“ für Kampfhandlungen nach Syrien schleusen zu lassen, bestätigt. Der Angeklagte Ö. war hinsichtlich dieses Vorhabens im Bilde, hatte ursprünglich eigens die Mitreise geplant und hatte, als er von seiner eigenen Ausreise Abstand genommen hatte, den Angeklagten Y. dennoch beratend und bestärkend bei dessen Ausreise weiter unterstützt, indem er ihm u.a. angeboten hat, die Kosten für das Flugticket zu übernehmen und auch sonst Hinweise zur Vorgehensweise bei der Ausreise (Visaerteilung etc.) erteilt hat. Damit hat er sich der Beihilfe schuldig gemacht hat.

Demgegenüber vermochte sich die Kammer keine zweifelsfreie Überzeugung hinsichtlich der Unterstützungshandlung des weiteren Angeklagten H. (Tatvorwurf der Beihilfe zu einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat) bilden.

Nach dem Anklagevorwurf habe er den Angeklagten Y. im Wissen seiner beabsichtigten Weiterreise nach Syrien zum Zwecke von Kampfhandlungen gegen das dortige Regime zum Flughafen gefahren. Ob der Angeklagte im Zeitpunkt der eingeräumten Fahrt zum Flughafen hinreichend im Bilde war hinsichtlich der konkreten Pläne des Angeklagten Y. und seiner Weiterreise nach Syrien zum Zwecke des Anschlusses an eine kämpfende Rebellengruppe, konnte nach Bewertung der zwischen den Angeklagten Y. und H. geführten Kommunikation rund um die Reise in die Türkei nicht mit letzter Gewissheit aufgeklärt und nachgewiesen werden, sodass Freispruch folgte.

 

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft hatte zuvor beantragt,

den Angeklagten Y. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten,

den Angeklagten Ö. zu einer (Einheits-) Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten und

den Angeklagten H. zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt werden kann,

zu verurteilen.

 

Die Verteidigung hatte hingegen beantragt,

den Angeklagten Y. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von höchstens drei bis dreieinhalb Jahren,

den Angeklagten Ö. zu einer (Einheits-) Jugendstrafe, diese im bewährungsfähigen Bereich, wobei die Höhe der Strafe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde,

zu verurteilen und

den Angeklagten H. freizusprechen.

 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Staatsanwaltschaft und Angeklagte können binnen einer Woche Revision einlegen.

 

Das weiter gegen den Angeklagten Y. wegen versuchten Totschlags unter dem Aktenzeichen 1 Ks 331 Js 49180/24 geführte Verfahren (Messerangriff auf einen Polizeibeamten im Rahmen der Durchsuchungsmaßnahmen am 03. Mai 2024 an der Wohnanschrift des Angeklagten Y. in Bad Friedrichshall) ist noch nicht abgeschlossen.

Nächster Fortsetzungstermin ist für Montag, den 27. Januar 2025, 09:00 Uhr bestimmt. Zu diesem Termin ist neben dem Angeklagten und seinen Verteidigern ein Sachverständiger geladen.

 


Stephanie Morgenstern

Pressesprecherin


Pressemitteilung 09/2025 vom 04.06.2025:

Das in der Strafsache gegen Y. u.a., Az. 15 KLs 331 Js 57240/24 jug. („Prozess gegen mutmaßliche Islamisten“) am 24. Januar 2025 ergangene Urteil ist nunmehr rechtskräftig.

Der Angeklagte Y. hatte gegen das Urteil Revision eingelegt, die mittlerweile zurückgenommen wurde. Die weiteren Angeklagten hatten gegen das Urteil kein Rechtsmittel eingelegt.

[...]

Hiervon unberührt bleibt das gesondert gegen den Angeklagten Y. unter dem Aktenzeichen 1 Ks 331 Js 49180/24 geführte Verfahren (Messerwurf anlässlich der Wohnungsdurchsuchung in Bad Friedrichshall). Das dortige Urteil vom 10. Februar 2025, wonach der Angeklagte wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit einem tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte in einem besonders schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt wurde, ist nicht rechtskräftig. Der Angeklagte Y. hat Revision eingelegt.


Morgenstern

Pressesprecherin


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